Seit der Gründung im Jahr 1996 ist ABO Wind stetig und mit Augenmaß gewachsen. Zusätzlich zur Windpark-Entwicklung und Betriebsführung kamen weitere Geschäftsfelder wie Bioenergie, Solar und Speicher hinzu. Der folgende Text wurde im Jahr 2021 zum 25. Firmenjubiläum veröffentlicht.
Vor 25 Jahren begann die Reise von ABO Wind. Aus dem Zwei-Mann-Betrieb ist ein Unternehmen mit mehr als 700 Mitarbeitern in 16 Ländern geworden. Doch wie war das Arbeiten in der „Besenkammer“, bei Mirácoli und Modemlärm? Mitarbeiter*innen sprechen über ihre Anfänge im Unternehmen und über die Entwicklung des vergangenen Vierteljahrhunderts.
Könnte man eure Geschichte heute wiederholen?
Matthias Bockholt: Ich denke nicht. Als wir angefangen haben, gab es keine Klimaziele und das Wort Energiewende fiel nirgends. Und dann kamen wir mit unseren Wollpullis. Wir haben aus voller Überzeugung gehandelt, hatten das richtige Thema zur richtigen Zeit und natürlich auch eine Portion Glück. Das wäre heute definitiv schwerer als damals.
Jochen Ahn: Als wir anfingen, galt jeder in der Branche als verrückt.
Matthias Bockholt: Als ich 1989 einen Professor für meine Diplomarbeit über Photovoltaik gesucht habe, wurde ich ausgelacht und als Öko-Spinner wieder nach Hause geschickt. Diese Haltung setzte sich im Umweltministerium fort, wo Jochen und ich bis zur Gründung gearbeitet haben. Und da saßen fast nur Grüne!
Jochen Ahn: Genau. Das zeigt schon deutlich, welchen Mut wir hatten. „Damit verdient ihr niemals Geld“, war einer der häufigsten Sätze, die wir damals hörten. Und so war es zunächst auch.
Matthias Bockholt: Das erste Jahr haben wir von Ersparnissen gelebt, im zweiten Jahr bei meinen Eltern 15.000 DM geliehen. Erst im dritten Jahr konnten wir uns Miete und ein kleines Gehalt leisten.
Jochen Ahn: Anfangs haben Matthias (Hollmann) und ich bei mir im Dachzimmer gearbeitet. Auf zwölf Quadratmetern. Vor der Tür tobten meine Kinder.
Matthias Bockholt: Als wir uns selbständig gemacht haben, war bei dir gerade das dritte Kind unterwegs. Und ihr hattet ein renovierungsbedürftiges Haus gekauft. Da war der Druck viel größer als bei mir. Meine Freundin bezog den BAFÖG-Höchstsatz. Trotzdem mussten wir manchmal auf aufgegebenen Äckern unsere Speisekammer füllen.
Harald Warzel: Mein Bewerbungsgespräch fand noch bei Jochen in der „Besenkammer“ statt, die gleichzeitig Besprechungsraum war. Ich weiß noch, wie ich dort saß, eingeklemmt zwischen Wand und Tisch. Am Ende hatte ich einen Wadenkrampf.
Petra Driese-Gessner: Ich musste am Anfang von daheim arbeiten, weil es keine freien Plätze im Büro gab.
Jörg Nithammer: Mir ging es ähnlich. Zunächst habe ich als freier Mitarbeiter von daheim gearbeitet. Erst ein halbes Jahr später war ein Platz im Büro verfügbar.
Markus Wetter: Ja, wir mussten uns dann schnell vergrößern. In meinen ersten drei Arbeitstagen bei ABO Wind durfte ich gleich den Umzug organisieren.
Andreas Höllinger: Davor habe ich mich gedrückt und lieber einen Monat später angefangen.
Stefan Schuck: Ich weiß noch, wie lange ich das „Büro“ damals gesucht habe, als ich das erste Mal zum „Firmensitz“ gefahren bin. Da gab es nur ein winziges Schild auf dem Briefkasten vor Jochens Haus. Für das Vorstellungsgespräch hatte ich mich für Sakko und Krawatte entschieden. Matthias (Bockholt) sagte mir später, dass sie mir deswegen fast abgesagt hätten.
Harald Warzel: Ich hatte auch Angst, dass es nichts wird. Schließlich konnte ich nicht stricken. Und dann saß Matthias (Bockholt) da, mit einem selbstgestrickten Pulli.
Wie war es um das Know-how bestellt?
Jochen Ahn: Am Anfang haben wir alles selbst gemacht. Die ersten Windparks haben wir zu zweit oder dritt geplant. Das ist heute undenkbar, die Dimensionen sind ganz andere.
Gregor Budinger: Als ich 1998 dazu kam, basierte mein Know-how im Wesentlichen auf der Konstruktion und Errichtung von Kleinwindkraftanlagen mit maximal 10 Kilowatt. Das W
Wie habt Ihr euch das Wissen denn draufgeschafft?
Petra Driese-Gessner: Die ersten Jahre waren permanentes Improvisieren.
Christopher Kopp: Wir haben uns alles selbst erarbeitet oder von Kolleg*innen gelernt. Matthias (Bockholt) hat mir viel erklärt und ich habe später ein paar Software-Kurse belegt. Heute gibt es allein technisch ganz andere Möglichkeiten. Für die Windgutachten gab es damals kaum Messwerte oder Analysedaten. Entsprechend lagen wir teilweise ganz schön daneben.
Gregor Budinger: Die wichtigsten Instrumente waren damals wie heute ein waches Auge und ein klarer Verstand.
Urta Steinhäuser: Ich bin Bankkauffrau und Landschaftsarchitektin. Von Windkraftprojekten hatte ich keinen Plan. Aber ich habe viel von Jochen gelernt. Er hatte das große Talent, komplette Kalkulationen auf einem Zettel zu machen: Kosten, Erträge, Verkaufspreis, Marge. Und es stimmte fast immer. Diese Methode habe ich übernommen. Das hat mir viel Sicherheit gegeben.
Was hat euch bewogen, damals bei ABO Wind anzufangen?
Urta Steinhäuser: Ich hatte mich politisch gegen Atomkraft engagiert. Mit den Erneuerbaren konnte ich den Bogen weiterspannen.
Markus Wetter: Auch ich war in der AntiAtombewegung aktiv. Ich erinnere mich noch gut an eine Annonce von RWE in der Zeitung: „Erneuerbare können langfristig nicht mehr als 4 Prozent unseres Strombedarfs decken.“ Das hat mich angestachelt. Heute produzieren wir fast 50 Prozent regenerativ. Und es fühlt sich toll an, dazu beigetragen zu haben.
Jörg Nithammer: Das war auch für mich ein wichtiger Punkt. Wir waren alle hochmotiviert und hatten dasselbe große Ziel. Ich war vorher beim Umweltamt in Mainz und hatte da schon mit Windkraft zu tun, aber nur auf dem Papier. Solche Projekte umzusetzen, hat mich sehr gereizt.
Harald Warzel: Ich hatte zuvor zehn Jahre lang schlüsselfertig Gebäude errichtet: Industriewerke, Reihenhäuser, Druckereien. Davon und vom Arbeitsklima hatte ich einfach die Schnauze voll. ABO Wind war jung, dynamisch und anders. Aber dass ich mal 20-jähriges Jubiläum hier feiere, hätte ich nicht gedacht.
Worin bestand der Reiz?
Urta Steinhäuser: Sich Kenntnisse zu ganz verschiedenen Themen – von Planung über Vertragsrecht, Windtechnik, Netzeinspeisung bis zur Finanzierung – anzueignen. Damit einen greifbaren Beitrag zur Energiewende zu leisten. Und das in kollegialer, wertschätzender Zusammenarbeit.
Petra Driese-Gessner: Ich fand es klasse, dass man direkt was bewegen konnte. Man hat etwas geplant, das dann meist wirklich gebaut wurde.
Bernhard Höfner: Und wir konnten ständig Neues lernen – das war eine tolle Mischung. Ich stand schon am ersten Tag ganz oben auf einer Anlage.
Harald Warzel: Jedes Projekt war anders. Später hatte ich oft mehrere Projekte parallel, das war spannend. Und vor allem war es das Betriebsklima bei ABO Wind – das sucht man woanders vergeblich.
Was zeichnet ABO Wind noch aus?
Urta Steinhäuser: Das gemeinsame, zügige Arbeiten an Projekten mit einem klaren Ziel vor Augen. Und immer galt die Devise: Wer etwas macht, macht auch Fehler – alles ist besser, als nichts zu machen.
Jörg Nithammer: Anfangs war das Miteinander sehr familiär. Bei der heutigen Größe ist das anders, aber wir unterstützen und motivieren uns immer noch gegenseitig.
Gab es auch schwierige Zeiten?
Andreas Höllinger: Ja. 2003 und 2004 kam die ganze Branche unter Druck. Auch wir mussten Mitarbeitern kündigen. Aber wir konnten dann Windparks an eine Tochter der Deutschen Bank verkaufen. Die haben unsere Projekte für damalige Verhältnisse ungewohnt gründlich geprüft. Rückblickend war das ein entscheidender Moment. Wir haben dabei viel gelernt. Mit diesem Know-how konnten wir später auch Projekte an ausländische Investoren verkaufen.
Matthias Hollmann: Ein großer Teil unseres Erfolgs hing mit der Gesetzgebung zusammen. Irgendwann hatten wir endlich längerfristige Planungssicherheit – und dadurch wurde die Branche auch für die Banken interessanter.
Jochen Ahn: Der große Wendepunkt für die Erneuerbaren war aber die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011. Das hat in Deutschland den Schalter umgelegt.
Jörg Nithammer: Ich glaube, kurz vorher gab es nur zwei Planer*innen im Team für ganz Deutschland. Das wurden dann sehr schnell mehr. Heute sind wir allein bei Wind und Repowering über 50.
Gregor Budinger: Durch „Fridays for Future“ ging wieder ein Ruck durch die Gesellschaft. Viele junge Leute suchen heute einen Job, wie wir ihn schon seit 20 Jahren machen. Das fühlt sich gut an.
Was ist euch noch im Gedächtnis geblieben?
Harald Warzel: Die unzähligen Spaghetti-Essen.
Stefan Schuck: Stimmt. Wir hatten jede Woche den Pasta-Freitag. Das ging von Christopher aus. Das hatte schon etwas von WG-Feeling.
Christopher Kopp: In Heidesheim gab es immer Mirácoli für alle, und das habe ich dann bei meinem Wechsel mit nach Wiesbaden gebracht. Jetzt bin ich wieder in Heidesheim und noch immer Organisator der Kochrunde.
Urta Steinhäuser: Die Wanderungen bei den Betriebsausflügen. Zu sehen, wie lang der Zug der Wandernden ist. Und die Freude, mit der wir dabei einander begegnen.
Matthias Bockholt: Ich erinnere mich gut an unsere erste Messe in Husum. Auf dem Viehmarkt-Gelände wurde unten der Dreck rausgeschoben, oben drauf kamen die Messestände. Alle dort waren in unserem Alter und brannten für das Thema. Abends saß die ganze Branche zusammen am Palettenfeuer, barfuß, mit Flaschenbier.
Matthias Hollmann: Uns hat damals die Masse an Windrädern im Norden beeindruckt. Bei uns gab es ja noch so gut wie keine.
Jörg Nithammer: Die Entwicklung über die Jahre war beeindruckend. Sowohl die technische als auch die von ABO Wind. Auf unseren Ausflügen oder später auf den Global Meetings standen wir nicht mehr mit 20 Leuten da, sondern mit 400.
Bernhard Höfner: Einmal ist das gemietete Lokal komplett abgebrannt, eine Nacht vor unserem Betriebsausflug. Damals konnten wir noch kurzfristig Ersatz bekommen – das wäre heute natürlich undenkbar bei der Größe.
Apropos Feiern: Wie ist es denn heute im Privaten, wenn ihr erzählt, wo ihr arbeitet?
Petra Driese-Gessner: Hier im Rheingau sind die Reaktionen sehr gemischt. Diese Polarisierung hat sich im Zuge der Artenschutz-Diskussion noch verschärft. Aber ich bin stolz darauf, an der Energiewende mitzuarbeiten. Dazu stehe ich, auch wenn ich mir blöde Kommentare anhören muss. Ich kann dann doch noch das eine oder andere Vorurteil entkräften.
Jochen Ahn: Früher wurden wir eher belächelt, heute ist das alles viel ernster.
Andreas Höllinger: Über Windkraft zu diskutieren, kann schon mal einen ganzen Abend versauen. Aber es gab immer sehr unterschiedliche Phasen: 2005 meinten viele, wir wären Verbrecher, die öffentliche Gelder abgreifen. Nach Fukushima war es das genaue Gegenteil.
Matthias Bockholt: Im Freundeskreis meiner Kinder ist das ganz anders. Die sind damit groß geworden und viel offener eingestellt. Ich selbst komme aus einem eher konservativen Haushalt. Anfangs haben meine Eltern auf Joschka Fischer und Co. geschimpft. Kurz vor seinem Tod sagte mein Vater mir dann, dass er beim letzten Mal erstmals die Grünen gewählt hat. Es hat lange gedauert. Aber der Kampf hat sich gelohnt. Und wir wollen uns unseren Pioniergeist erhalten. Daher haben wir immer neue Themen im Fokus, zum Beispiel Wasserstoff oder Batteriespeicher.
Alexander Koffka
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